Morgen feiern wir den Internationalen Frauentag. Er erinnert an die Stärke und Errungenschaften von Frauen weltweit, aber auch daran, welche Herausforderungen noch vor uns als Gesellschaft liegen.
In unserem Gespräch teilt Mercedes-Benz Mitarbeiterin Funda Wollny ihre Erfahrungen, spricht über die Rolle von Frauen in Führungspositionen und gibt ganz persönliche Einblicke in ihren beruflichen Werdegang.
Hallo Funda, stell dich doch erstmal kurz unseren Leserinnen und Lesern vor.
Gerne. Mein Name ist Funda Wollny. Ich arbeite seit 1983 bei Mercedes-Benz – mittlerweile bei MBD/VPX. Unter anderem bin ich für das Schadenmanagement der Fahrzeuge von Kundinnen und Kunden von Mercedes-Benz Members und seit eineinhalb Jahren für das BigX-Geschäft zuständig. „BigX“ ist übrigens die interne Bezeichnung für die großen Autovermietungen in Deutschland, mit denen wir Neufahrzeugverträge abschließen.
Kannst du uns etwas über deinen beruflichen Werdegang erzählen?
Mein Weg hat mich bei Mercedes-Benz über mehrere Stationen geführt. Gestartet bin ich mit einer Ausbildung zum Industriekaufmann – „Kauffrau“ sagte man damals noch nicht. Ich wurde sogar noch mit der Anrede „Fräulein“ eingestellt. Genau das sind die Jahre, die mich geprägt haben. Im späteren Verlauf meiner Karriere habe ich ein berufsbegleitendes Studium in Marketing und Außenwirtschaft gemacht und war einige Zeit im Personalwesen tätig. Direkt nach meiner Ausbildung wollte ich in den Lkw-Vertrieb gehen, aber es war mir damals nicht erlaubt, mich dort zu bewerben. Es gab eine klare Ansage: Nur Jungs aus der Ausbildungsgruppe dürfen sich auf diese Stelle bewerben. Es hieß, der Beruf sei sehr technisch, man habe viel mit Kunden zu tun, es sei mit Reisen verbunden und man bewege sich in einer Männerdomäne. Ich ließ mich jedoch nicht entmutigen – und bekam die Stelle.
Leider hörten die Vorurteile auch im beruflichen Alltag nicht auf. Die Kundschaft lehnte es zunächst ab, von mir betreut zu werden, da sie Sorge hatte, ich könne sie nicht so gut beraten wie mein männlicher Vorgänger. Zum Glück hat sich mein damaliger Chef für solche Aussagen nicht interessiert. Als ich einige Jahre später in eine andere Abteilung wechselte, wurde wiederum mein Vorgesetzter gefragt, warum er mich denn gehen ließe. Das hat mir gezeigt, dass es sich lohnt, an Dingen dranzubleiben und sich nicht unterkriegen zu lassen.
Welche Herausforderungen oder Wendepunkte gab es in deinem Leben, die dich besonders geprägt haben?
Eigentlich war mir schon als junges Mädchen klar, dass ich keinen klassischen Weg einschlagen werde. Mädchen wurden zu dieser Zeit zu braven jungen Frauen erzogen, ihr Kurs war oft schon vorgegeben, und das war für mich definitiv nicht das Leben, das ich führen wollte. Ich erinnere mich an einen Satz, den eine ältere Dame damals zu mir gesagt hat: Wenn ich nicht kochen lernen würde – und ich hatte Schwierigkeiten damit – dann würde ich keinen Mann finden, der mich heiratet. Das war der Moment, in dem ich entschied: Dann finde ich eben einen Mann, der kochen kann!
Wie hat sich deine Sichtweise im Laufe der Zeit verändert?
In meinen 40 Berufsjahren hat sich sehr viel entwickelt, was das Thema Gleichberechtigung angeht, und ich durfte sehr viel erleben. Wir können uns heute gar nicht vorstellen, dass Frauen sich nicht auf eine Stelle bewerben dürfen. Aber was sich über all die Jahre nicht geändert hat, ist meine Überzeugung: Wenn sich etwas verändern soll, muss man selbst aktiv werden. Du musst wissen, was du willst, und bereit sein, auch mühsame Wege zu gehen, die mit Hindernissen und Rückschlägen verbunden sind. Wir entwickeln uns nur, wenn wir Herausforderungen gegenüberstehen und diese auch annehmen. Das ist über all die Jahre immer mein Credo geblieben.
Gab es bestimmte Momente in deinem Leben, in denen du deine Stimme besonders kraftvoll für dich oder andere eingesetzt hast?
Bei der Betreuung von Auszubildenden habe ich mich besonders für junge Frauen eingesetzt. Ich wollte ihnen zeigen, dass es mehr Möglichkeiten gibt, als sie vielleicht dachten. Wenn ich zum Beispiel Auszubildende hatte, die kein Abitur gemacht haben, ermunterte ich sie stets, doch noch mal darüber nachzudenken, den nächsten Bildungsabschluss zu machen oder für ein Jahr ins Ausland zu gehen. Manchmal hat es dann dazu geführt, dass der eine oder andere Vater um ein Gespräch mit mir gebeten hat, weil sie für ihre Töchter einen anderen Lebensweg vorgesehen hatten, statt ihnen die Möglichkeit zu geben, Abitur zu machen oder gar zu studieren. Das ist heute sicherlich kein großes Thema mehr, aber gerade Anfang der 90er war das noch so. Ich habe die Frauen ermutigt, an ihrer Bildung dranzubleiben. Unabhängigkeit und Selbstständigkeit waren mir immer sehr wichtig, nicht nur für meinen eigenen Weg, sondern auch für andere – und dafür habe ich mich eingesetzt. 2004 bin ich nach Jemen gereist, um dort eine Frauengruppe zu unterstützen. Sprachbarrieren haben mich nie aufgehalten, neue Kulturen kennenzulernen. Ich weiß die Zeit dort und den Austausch mit den Frauen sehr zu schätzen und fand sie wirklich inspirierend. Wir haben viel voneinander gelernt. Mir hat es sogar so gut gefallen, dass ich zu Hause angefangen habe, Arabisch zu lernen, um in den zwei darauffolgenden Jahren für weitere Treffen mit der Frauengruppe zurückzureisen. Vor Ort habe ich dann auch nochmal einen Intensivsprachkurs gemacht.
Welche Veränderungen würdest du dir in der Arbeitswelt wünschen, um die Gleichstellung der Geschlechter weiter voranzutreiben?
Ich würde mir wünschen, dass Gleichberechtigung bei Männern ebenfalls ein Thema wird. Es gibt zahlreiche Berufe, in denen Männer belächelt werden. Ich erhoffe mir, dass sie die gleichen Chancen haben wie Frauen. Außerdem wünsche ich mir, dass Frauen mutiger sind. Ich beobachte in meinem Umfeld oft, dass Frauen Haushalt und Kindererziehung vorrangig übernehmen, auch wenn sie in Vollzeit arbeiten. Dann sage ich immer: Ihr könnt euren Männern vertrauen, die können das auch. Ich empfehle ihnen, ein bisschen loszulassen und zu sagen: „Ich gehe jetzt meinen Weg, den Haushalt und die Erziehung übernimmt der Mann.“
Es ist gar nicht so einfach, als Frau ein Gleichgewicht zwischen Berufsleben und Alltag zu erreichen. Wie schaffst du es, die Balance zu finden?
Ich versuche alles, was ich im Privat- und Berufsleben tue, mit der gleichen Leidenschaft zu machen. Das gibt mir den Ausgleich und die Zufriedenheit auf beiden Seiten. Dadurch habe ich das Gefühl, dass nichts zu kurz kommt, weil ich glaube, dass die Leidenschaft dahinter das ist, was für mich persönlich den Erfolgsfaktor ausmacht. Die Dinge nicht aus Pflichtbewusstsein zu tun, sondern aus Eigenmotivation heraus – weil ich sie gerne mache.
Wo du gerade von deinem Privatleben sprichst – wie findest du einen Ausgleich und worin gehst du auf?
Ich habe schon immer gern etwas Handwerkliches gemacht und früher sehr viel mit Holz gearbeitet und alte Möbel restauriert. Irgendwann habe ich dann tatsächlich das Kochen und Backen für mich entdeckt. Wir haben sogar die Küche extra dafür umgebaut, um einen großen offenen Bereich zu haben. Dort kochen wir nun oft mit unserem Freundeskreis. Und ich muss sagen, Brot und Brötchen backen kann ich inzwischen richtig gut. Mir gefällt es, nach Rezepten zu suchen und mir zu überlegen, wie ich daran feilen kann, um es noch fluffiger oder knuspriger hinzubekommen. Das hätte ich mir vor 40 Jahren nicht vorstellen können, aber heute ist es meine Leidenschaft.
Noch eine Frage zum Schluss: Seit einigen Jahren gibt es den Internationalen Frauentag in Deutschland, in Berlin ist er sogar ein gesetzlicher Feiertag. Welche Bedeutung hat dieser Tag für dich?
Für mich bedeutet er sehr viel. Es ist ein Tag, an dem Frauen darüber nachdenken können, welche Rollen sie einnehmen. Welche Ambitionen habe ich? Wo stehe ich gerade im Leben und wo will ich hin? Das ist wichtig, denn nur ich selbst kann für mein Glück sorgen. Dieser Tag ist deshalb auch ein Appell an die Frauen: „Nehmt euer Leben in die Hand, seid mutig, geht aktiv euren Weg und ergreift Möglichkeiten!“
Vielen Dank für das interessante Gespräch, Funda!
Sehr gerne!
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